Wie ist eigentlich die Diskrepanz zwischen einer aufgeklärten Haltung gegenüber den digitalen Medien auf der einen Seite und dem häufig entgegengesetzten Verhalten zu erklären? Ich beobachte das im eigenen Freundeskreis auf Facebook relativ häufig. Warum posten Menschen Bilder ihrer Kinder auf Facebook und erheben zugleich den Zeigefinger wenn es um die Veröffentlichung von privaten Bildern bei Facebook geht? Liegt es an den Medien und deren unablässiger Warnung vor der Neigung privatwirtschaftlicher Unternehmen sich in unser Leben einzumischen? Liegt es daran, dass der Mensch gerne von man/frau aber nicht von ich redet, vor allem im Zusammenhang mit der Einmischung dieser Konzerne in unser Leben? Warum empfinden wir das Veröffentlichen von privaten Bildern auf Facebook nur bei den Anderen schlimm, nicht aber bei uns selber?Wäre es möglich, dass das mediale Gefährdungs-Storytelling weniger den Blick auf unsere eigenen Verfehlungen als vielmehr auf die der Gesellschaft lenkt?

Schauen wir mal auf die Netzwerke und Kommunikationsorte. Wo kommst du selbst dort eigentlich vor? Nirgendwo wird das eigene Profil zum Teil deines Nachrichtenstreams. Es ist immer nur der Blick auf die Anderen, den die Social Media Dienste offerieren. Mein eigenes Profil kann ich zwar gestalten, aber es ist nicht Teil des Bedienkonzepts der Dienste wie Facebook, Twitter oder auch Google+. Das heißt, man verliert sich selbst ein wenig aus den Augen. Zwischendurch wird das Profilbild mal aufgefrischt, die Sicherheitseinstellungen angepasst, aber wie oft wirft man einen Blick auf die eigene Profilseite?

Das erklärt auch die oben beschriebene Diskrepanz. Solange das eigene Ich so weit im Hintergrund sein Ding macht, und solange die Aktivitäten der Anderen so weit in den Vordergrund rücken, solange werden wir auch Bilder von unseren Kindern auf Facebook veröffentlichen und andere dafür beschimpfen, dass sie es tun. Also ein wenige mehr Gesichtspflege jenseits des Profilbildes.