Digital Natives

CC by Cristóbal Cobo Romaní (flickr)

Ein Projekt von Studentinnen der Uni Essen zeigt wieder einmal, wie schwer die Arbeit mit kollaborativen Werkzeugen fällt und das die autodidaktisch erworbene Medienkompetenz häufig nicht ausreicht, um adäquat mit den im Internet bereitgestellten Möglichkeiten umzugehen. Der Lehrauftrag, den Jöran und ich konzipierten setzte von Beginn an auf ein gemeinsames Google Doc um die Veranstaltung, die Verabredungen und die studentischen Arbeiten zu dokumentieren und zu koordinieren. Ziel der Lehrveranstaltung mit dem Titel „Gewerkschaftliche Bildungsarbeit: Potentiale, Akteuere, Methoden“ war die Erstellung eines Konzept für eine eigene Bildungsmaßnahme. Es wurde in 4 Gruppen (Infrastruktur und Rahmen, Projektplanung, Inhalt, Verkauf) gearbeitet, wobei die Gruppen sich stark aufeinander bezogen haben. Eine der Studentinnen bemängelte, dass fast kein Austausch zwischen den Gruppen stattgefunden habe.

Das Seminar hat mich daran zweifeln lassen, dass die sogenannten Digital Natives wirklich ein anderes Verhältnis zu dem Medium haben. Ich befürchte, es handelt sich hierbei um eine bloße Unterstellung. Die Tatsache, dass Menschen mit dem Fernsehen groß werden läßt sie zwar anders sozialisieren, die Frage ist jedoch, ob das zu einem veränderten Verhältnis zum Medium oder ihrer Umwelt führt. Das Internet, so meine Wahrnehmung im Rahmen des Lehrauftrages wird eher vor allem passiv konsumierend als aktiv gestaltend genutzt. Dabei würde ich zwar eine hohe Medienkompetenz unterstellen wenn es um den Schutz der Privatsphäre geht, aber dennoch bleibt das Internet eher eine Zeitung, Fernsehkanal oder Telefon als eine Plattform um sich selbst jenseits des sozialen Netzwerke einzubringen.

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Der Deutschlandfunk Podcast geht davon aus, dass es sich bei diesen Digital Natives um Übermenschen handelt, bei denen schon vollkommen andere Gehirnstrukturen vorliegen. Ich würde das nicht unterstützen. Nicht das Medium allein macht einen Menschen zu etwas anderem, sondern die Etablierung einer anderen Nutzung digitaler Medien. Davon sind wir aber noch meilenweit entfernt. Nur weil Jugendliche den Browser ohne weitere Nachfragen nutzen können, sich von seinem Mp3-Player wecken lassen oder lange Zeit am Stück Computer spielen können, macht sie das noch nicht zu Digital Natives. Was ihnen fehlt ist der selbstverständliche Umgang mit digitalen Medien, die über das Rezipieren hinaus gehen. Erst wenn kooperative, kollaborative und revieworientierte (die Fähigkeit, die Arbeit der Anderen kritisch würdigen und damit verbessern zu können) Fähigkeiten Einzug in den Lernalltag erhalten haben, unterscheiden sich die Digital Natives von den Analog Natives.

Wirft man einen Blick in die JIM Studien von 2009 (pdf), und schaut man genauer auf die tatsächliche Nutzung von digitalen Medien, so stellt man fest, das bei Jugendlichen das Internet weniger mit dem Fernsehen oder der Zeitung, als vielmehr mit dem Telefon zu vergleichen ist:

3sat hatte sich in seiner Ausgabe vom 06.06.2010 mit dem Einsatz von digitalen Medien in Schulen beschäftigt. Aber auch hier wird nur der Laptop als digitales Buch aufgeklappt. Das Internet alleine macht aus einer Schule noch keinen zeitgemäßen Lernort. Erst, wenn entsprechende Methoden entwickelt sind, um die digitalen Medien zu integrieren kann eine Generation heranwachsen, die umgelernt hat und Medien aktiv nutzt.