Mir ist mal wieder eine Studie in die Hände gefallen. Sie kam über Twitter und ich weiss nicht so richtig, bei wem ich mich für das Aufmerksam machen bedanken muss, aber sie war interessant zu lesen. Es handelt sich um  eine Untersuchung (pdf) von Michael Grosch und Gerd Gidion mit dem Titel „Mediennutzungsgewohnheiten im Wandel. Ergebnisse einer Befragung zur studiumsbezogenen Mediennutzung“ Das hört sich spannend an und war es dann auch.

Die Befragung wurde im Sommersemester 2009 an der Universität Karlsruhe mit 1497 Studierenden durchgeführt und befasst sich ausschließlich „mit der Mediennutzung im Kontext des Studiums“ (S.3). Gefühlte 10 Jahre sind seitdem bis heute vergangen, wenn man sich nur die Weiterentwicklung der mobilen Geräte vergegenwärtigt. Tablets waren zum Beispiel in 2009 noch kein Thema.

Auf Seite 52 ist zu lesen: „Mobile-Handheld-Geräte, die auch für E-learning-Zwecke genutzt werden können sind bei den Studierenden bereits in hoher Zahl vorhanden. Fast die Hälfte verfügt über ein internetfähiges Mobile-Handheld-Gerät. Eine Internetnutzung erfolgt damit jedoch noch selten.“ Da fragt man sich, was kann man mit solchen Geräten machen, wenn nicht das Internet nutzen, oder ist es letzendlich so, dass ihnen nicht klar war, dass das Internet genutzt wurde, weil nicht der Browser, sondern eine der zahlreichen Apps Daten aus dem Internet dargestellt hat?

Übersicht der Mediennutzung an der Uni Karlsruhe

CC by-nc-nd 3.0 by Michael Grosch

Auf Seite 63 ist zu lesen „Google und Wikipedia nehmen eine herausragende Rolle für die Nutzung im Studium ein.“ und weiter „Elektronische Lehr- und Fachbücher haben sich bereits im Studienalltag am Kit etabliert.“ Auf Seite 66/67 ist eine Liste mit den besonders akzeptierten und häufig genutzten Medien zu finden. Das der Begriff Medium hier nicht mehr trennscharf ist, geschenkt.

Die Untersuchung macht deutlich, dass das Internet von erheblicher Bedeutung für das Studium ist, dass es letztendlich aber nicht mehr ist als ein stupide digitalisiertes Buch. Statt von Papier werden die Informationen jetzt vom Bildschirm abgelesen. Aber die linksstehende Tabelle macht auch deutlich, dass das Buch noch lange nicht verschwinden wird. Und damit die Verschmelzung von Medienrezeption und Mediengestaltung noch lange auf sich warten lässt.

Weiter hinten ist zu lesen: „Dies bedeutet, dass fünf Onlineangebote bereits höhere Werte als diese klassischen Medien des Studierens besitzen, was die insgesamt starke Durchdringung des Studiums durch Onlinemedien verdeutlicht.“ (Seite 70) Medien, bei denen Wissen rezeptiv erworben wird, sind deutlich akzeptierter, als Medien, bei denen Wissen machend erworben wird. Weiter unten stellen die Autoren fest: „Angebote die eine (inter-)aktive Nutzung, bzw. Partizipation der Studierenden erfordern, oder einen gewissen Nutzungsaufwand verlangen scheinen tendenziell niedrigere Werte zu erhalten.“ Es scheint im Mainstream der Studierenden weder die Kultur des Mitmachweb, noch die des Mitmachlernens angekommen zu sein. Genutzt wird, was fertig ist und nicht was gestaltet werden will.

Vielleicht ist auch das Prüfungsdesign verantwortlich für die Art und Weise Wissen zu erlangen. Klausur, Hausarbeit und Referat vs. Projektlernen. Klar, das sollte jeder gute Pädagoge schon einmal gehört haben, aber die Studierend sind ja häufig Opfer ihrer eigenen Lernbiographie und wissen es nicht besser. So wird das Internet heftig genutzt, aber nicht zum Kollaborieren, Partizipieren oder Gestalten von Medien, sondern zum rezipieren und dazu gehört auch die reine Recherche. Mit der Gestaltung von Medien meine ich Erstellung von Podcasts, Mitwirkung an Wikis, Schreiben in einem Blog, Erstellen von Videos, Educaches u.v.m. Auf der anderen Seite heißt studieren wissenschaftlich arbeiten lernen und da sind die Regeln klar vorgegeben: Erst müssen die bekannten Erkenntnisse vermittelt werden, damit man sich beim Erkenntnisgewinn auf das schon bestehende beziehen kann. Es erinnert mich so ein bisschen an Linux-Foren: Erst recherchieren, bevor man die User mit Fragen belästigt werden, die schon beantwortet sind.

Der Titel der Untersuchung wundert mich allerdings etwas. Welcher Wandel ist hier gemeint, der von analog nach digital? Wenn, dann kann es nur technisch gemeint sein, denn an dem Studium und seinen Anforderungen hat sich recht wenig geändert, trotz des Einzug des digitalen. Es bleibt eine reine Abbildung des Analogen, jedenfalls in der Nutzung für den Erkenntnisgewinn.

Ich frage mich, ob es eine Alternative zum Studium geben kann, bei dem es nicht nur um die Anhäufung von Wissen geht, sondern um die Erlangung von Fertig- und Fähigkeiten und welche Rolle dann das digitale Medium spielen könnte.